"Jan Karski, eigentlich Jan Kozielewski (* 24. April 1914 in Łódź; † 13. Juli 2000 in Washington, D. C.), war ein polnischer Offizier und Kurier der Polnischen Heimatarmee. Der Jurist und Diplomat zählte u. a. neben Witold Pilecki zu den wichtigsten Zeugen des Holocaust.
Den Tarnnamen Karski legte sich der junge Diplomat 1942 zu, als er für die polnische Untergrundarmee Armia Krajowa (AK) zu seiner letzten und gefährlichsten Mission aufbrach. Zwischen 1942 und 1943 informierte er die polnische Exilregierung in London sowie die britische und US-amerikanische Regierung von der tragischen Situation in Polen und über die systematische Ermordung der Juden. Karski berichtete als Augenzeuge, weil er in einer Uniform der ukrainischen Miliz in das Sammellager Izbica eingeschleust wurde, von dem aus vollgeladene Güterzüge in das nahegelegene Vernichtungslager Belzec abfuhren. Zunächst hatte Karski gesagt, er habe das Lager Belzec besucht, aber da sein Bericht nicht der Realität von Belzec entsprach, stellten Historiker die These auf, er habe Izbica tatsächlich gesehen, und Karski akzeptierte diese These. Der Historiker Steffen Hänschen weist jedoch auf topografische und chronologische Schwierigkeiten in der Izbica-These hin und kommt zu dem Schluss, dass „es kaum mit Sicherheit gesagt werden kann, dass Karski in Izbica war“.
Durch einen Tunnel des jüdischen Widerstands gelangte Karski in das Warschauer Ghetto. Dort sah er die ausgehungerten Kinder und die sterbende jüdische Bevölkerung auf den Straßen. Einer, der ihn aus dem Ghetto eskortierte, war der jüdische Widerstandskämpfer Leon Feiner.
Im Juli 1943 traf sich Karski persönlich mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt und berichtete ihm über die Situation in Polen und darüber, was er gesehen hatte. Er sprach auch mit anderen US-amerikanischen Politikern, Führern jüdischer Organisationen und katholischen Erzbischöfen, jedoch ohne Erfolg. Felix Frankfurter, Richter am Obersten Gerichtshof der USA, gehörte ebenfalls zu seinen Gesprächspartnern. Seinen Schilderungen wurde kein Glauben geschenkt, oder sie wurden als Übertreibungen der polnischen Exilregierung eingestuft (siehe zeitgenössische Kenntnis vom Holocaust).
Bei Kriegsende konnte Karski als Mitarbeiter der polnischen Exilregierung nicht in das kommunistische Polen zurückkehren. Er ließ sich in den Vereinigten Staaten nieder und hielt Vorlesungen an der Georgetown University in Washington, D. C. 1949 begann er ein Studium an der School of Foreign Service in Georgetown, das er nach knapp drei Jahren mit dem Grad eines PhD abschließen konnte. 1954 wurde er schließlich US-Bürger. 1965 heiratete er Pola Nirenska, eine Tänzerin polnisch-jüdischer Herkunft, die 1992 Selbstmord beging.
In seinem Buch Story of a Secret State schrieb Karski 1944 über die Zeit als Kurier in geheimer Mission und seine Erfahrungen im besetzten Polen. 1985 publizierte er das Buch The Great Powers and Poland. E. Thomas Wood und Stanisław M. Jankowski beschrieben das Leben von Jan Karski im Buch Karski: How One Man Tried to Stop the Holocaust (auf Deutsch erschienen als Jan Karski – Einer gegen den Holocaust, Als Kurier in geheimer Mission, Bleicher Verlag, 1997). Das Vorwort zur deutschen Ausgabe dieses Buches schrieb Elie Wiesel.
Erst in dem Dokumentarfilm Shoah des Regisseurs Claude Lanzmann aus dem Jahre 1985, in dem nur Zeitzeugen des Holocaust befragt wurden, konnte Jan Karski sein Schweigen brechen. Claude Lanzmann wandte sich 1977 zum ersten Mal mit der Idee an Karski, ihn in seinen geplanten Dokumentarfilm einzubeziehen, der nur auf den Aussagen von Zeugen, Opfern und Tätern basieren sollte. Über ein Jahr lang versuchte Lanzmann in Briefen und Telefongesprächen, Karski zur Mitwirkung zu überreden, ohne dessen Weigerung zu akzeptieren. Nach Lanzmanns Überzeugung hatte Karski eine historische Verantwortung, in dem Film Zeugnis abzulegen. Schließlich drehten Lanzmann und sein Team im Oktober 1978 zwei Tage lang in Karskis Haus. Die Befragung dauerte jeweils vier Stunden; der Zusammenschnitt aus den Interviews mit Karski nimmt in der Endversion vierzig Minuten ein. Lanzmann strich fast alles, was Karski über seine Versuche, die Welt aufzurütteln, erwähnte. Karski machte deutlich, dass er es bevorzugt hätte, wenn auch die Teile des Interviews, die sich mit seiner Aufgabe im Westen befassten, gezeigt worden wären. Er verurteilte den Film jedoch nicht, sondern verlangte einen „ebenso großartigen, ebenso wahrheitsgetreuen“ Film, der „eine zweite Realität des Holocaust“ enthüllt, „...nicht um der zu widersprechen, die Lanzman zeigt, sondern um diese zu ergänzen“. (Wikipedia)
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